Traumatherapie

Trauma – das ist ein weit verbreiteter Begriff und er wird oft mit den großen Katastrophen im Leben in Verbindung gebracht: Krieg, Verbrechen, sexueller Missbrauch, Gewalt, schwere Unglücke. Die Opfer werden als traumatisiert bezeichnet, was so viel wie „verletzt“ bedeutet. Aber was versteht man unter „traumatisiert“ wirklich? Wie erkennt man, ob jemand traumatisiert ist und wie äußert sich ein Trauma?

Wie ein Trauma sich äußert und welche Gründe dahinter liegen

Traumata sind vielschichtig und sie haben mehr Ursachen, als man glaubt. Manchen Menschen ist nicht einmal bewusst, dass sie unter einem Trauma leiden. Denn diese können weit zurückliegen, wie im Fall eines Kindheitstraumas, das zwischenzeitlich verdrängt wurde und im Unterbewusstsein weiter wirkt. Sie können aber auch direkt nach erschütternden Erlebnissen auftreten. Das betrifft nicht nur Opfer, sondern auch Helfer. Diese leiden dann unter einem sekundären Trauma. Bei einer Mehrzahl von traumatisierenden Erfahrungen spricht man von einem Multitrauma.

Schwieriger für sich selbst zu erkennen ist ein Mangeltrauma, das nicht durch ein Schockerlebnis, sondern zum Beispiel durch Vernachlässigung entstehen kann. Und in einigen Fällen weisen nicht innere, sondern äußere Symptome auf ein Trauma hin. Dies kann sich über somatische Beschwerden bemerkbar machen, ohne dass Betroffenen die Ursache ihrer Leiden bewusst ist. Unerklärliche Schmerzen, Tinnitus, Hautreaktionen oder Atembeschwerden treten häufig auf.

Manche Traumata werden sogar unbemerkt weitergegeben; es kommt häufig vor, dass Existenzängste der Eltern – zum Beispiel in Kriegen oder Notzeiten – über ihr Verhalten, ihre Sprache oder ihre Angstreaktionen auf Kinder übertragen werden.

Ein Trauma ist für Betroffene mit hohem Leidensdruck verbunden. Es kann zu Flashbacks, Alpträumen, Angstzuständen oder Phobien kommen – bis hin zur Unfähigkeit, ein normales Leben zu führen. Überaktivität, ständige Unruhe und ein Gefühl der Getriebenheit können ebenso Indikatoren sein wie Erschöpfung und ständige Müdigkeit, emotionale Leere und innere Starre. Wird die Lebensführung stark eingeschränkt, spricht man auch von einer posttraumatischen Belastungsstörung. Diese gehört behandelt, sonst besteht das Risiko, dass sie chronisch wird.

Wie eine Traumatherapie abläuft: Stabilisierung, Konfrontation, Integration

Das erste Ziel in der Traumatherapie ist es, die Betroffenen zu stabilisieren. Die Stabilisierung ist die erste, häufig auch die längste Phase; hier steht das Trauma selbst noch gar nicht im Mittelpunkt. Stattdessen führe ich Menschen behutsam in ihren Lebensrhythmus zurück und helfe ihnen, den Alltag alleine zu bewältigen. Begleitende Maßnahmen können sich auf die äußere und innere Symptomatik konzentrieren, um den hohen Leidensdruck zu mindern.

Wie lange eine Traumatherapie dauert, hängt von vielen Faktoren ab – insbesondere von der Schwere des Traumas und von der Resilienz, die Patienten mitbringen. Welche Techniken wir anwenden, ist Thema der zweiten Phase, der Konfrontation. Erst hier tasten wir uns Schritt für Schritt an das Erlebnis heran. Ziel ist es, mit der Zeit nicht mehr mit der vollen Emotion in die Situation einzutauchen. So erreichen wir, dass die Erinnerung nicht zu einer Retraumatisierung führt. Damit wird der Weg zur Ursache des Traumas frei und wir können uns mit einer gründlichen Aufarbeitung beschäftigen.

Die dritte Phase ist die Integration. Niemand kann das Erlebte ungeschehen machen, aber wir können darauf hinarbeiten, dass ein ausgeglichenes Leben wieder möglich wird. Ich möchte Betroffenen Lebensqualität zurückgeben. Ein erfolgreich integriertes Trauma verschwindet nicht aus dem Bewusstsein, sondern hat einen Platz eingenommen, von dem aus es die Psyche nicht mehr schädigt.

Wie man ein Trauma behandeln kann: Gespräche und Methoden

Was hilft bei einem Trauma? Das finden wir gemeinsam heraus, denn jede Therapie folgt einem angepassten Schema und einem individuellen Tempo – und zwar dem Tempo der traumatisierten Person.

Um ein Trauma zu verarbeiten, bieten sich verschiedene Methoden an, die ich behutsam auswähle und laufend auf Ziel und Umstände, Charakter und Präferenzen abstimme. Denn jeder Mensch reagiert anders auf körperliche, geistige und psychische Impulse – und jeder Therapieweg kann mit der Zeit neue Perspektiven erfordern. Oberste Priorität hat eine geschützte und vertrauensvolle Beziehung zwischen uns.

  • Bei einer Reihe von traumatischen Erfahrungen hat sich EMDR als guter Weg bewährt, Belastungen zu verarbeiten und einzuhegen. EMDR wirkt über äußere Signale auf das Unterbewusstsein.
  • Die Bildschirmtechnik arbeitet dagegen mit der bewussten und gezielten Steuerung des Erlebten und eröffnet die Chance, Emotionen auf einer reflektierten Ebene zu verarbeiten.
  • Mit tiergestützter Therapie kann es gelingen, Blockaden zu lösen, Stress abzubauen und Emotionen zu erschließen. Allein die Anwesenheit meines Therapiehundes unterstützt bereits häufig eine körperliche und mentale Entspannung.
  • Eine Kombination aus Transaktionsanalyse und Traditioneller Chinesischer Medizin bindet körperliche Behandlungen und Übungen in ein ganzheitliches Therapiekonzept ein, das auf Verständnis der eigenen inneren Prozesse aufbaut.

 

EMDR

Die Abkürzung EMDR steht für „Eye Movement Desensitization and Reprocessing“. Mittels abwechselnder Impulse auf beide Körperhälften werden erlebte Situationen von der emotionalen Wucht entkoppelt und neu verarbeitet. Das funktioniert häufig sehr gut. Studien weisen sogar darauf hin, dass neben Traumata auch Depressionen und chronische Schmerzen erfolgreich behandelt werden können.

Wie lange braucht man, um ein Trauma zu verarbeiten? Das kommt ganz darauf an, wie tief es sitzt und wie gut jemand auf EMDR anspricht. Ob EMDR überhaupt hilft, ist aber schon nach wenigen Sitzungen zu erkennen. Ein großer Vorteil dieser Therapiesitzungen ist, dass ein ausführliches Gespräch in geschützter Umgebung stattfindet. Wir können also die Herangehensweise steuern und die Intensität des Eintauchens jederzeit anpassen.

Aufschluss des Unterbewusstseins durch Klopfen

EMDR kennt mehrere Wege – am häufigsten wird mit Augenbewegungen gearbeitet. Ich wähle eine Variante: abwechselndes, sanftes Klopfen auf Körperstellen. Diese Methode erscheint sehr simpel– und schlägt doch überraschend häufig an. Mit der „Butterfly-Methode“ kann ein Patient sogar selbst die Klopfsignale anwenden, nämlich indem er, Arme über Kreuz, mit den Fingern auf die eigenen Schultern klopft. In der Regel übernehme ich allerdings die Impulsgebung, um Patienten nicht zu überfordern.

Ich klopfe innerhalb der Gesprächssitzung an bestimmten Stellen meine Finger abwechselnd auf den linken und den rechten Oberschenkel. Mit dieser Technik wird eine bessere Verbindung zwischen beiden Gehirnhälften aufgebaut und somit ein Weg in das Unterbewusste erschlossen. Vereinfacht gesagt sitzen in der rechten Gehirnhälfte die Bilder, in der linken die Informationen.

EMDR hilft also, belastende Bilder mit weniger belastenden Informationen zu verknüpfen und eine innere Distanz zum Geschehenen aufzubauen. Aufgrund des gleichzeitig stattfindenden Gesprächs wird eine neue Interpretation möglich; die Ereignisse können schrittweise in den Hintergrund rücken. Sie wieder hervorzuholen führt dann nicht mehr zu einer erneuten Traumatisierung, denn die ursprünglichen Emotionen sind nun eingebettet in neue Bewertungszusammenhänge.

 

Bildschirmtechnik

Wie man ein Trauma behandelt, ist auch davon abhängig, wie sich das Erlebte äußert. In vielen Fällen kommt es zu Flashbacks, also real erscheinenden gedanklichen Wiederholungen, die wie ein Film abzulaufen scheinen. Das kann bei erlittenen Unfällen ebenso passieren wie bei einem lange zurückliegenden Kindheitstrauma. Gerade das Verdrängte bahnt sich über plötzlich einbrechende Erinnerungsschübe seinen Weg zurück ins Bewusstsein. Die Bildschirmtechnik greift das filmähnliche Erleben bewusst auf und nutzt es zur Wiedererlangung der Kontrolle.

Der Film, der sich im Kopf abzuspielen scheint, wird dabei ganz bewusst auf eine Fläche projiziert – in meiner Praxis ist dies in der Regel eine weiße Wand. Wir sehen uns gemeinsam an, was passiert. Während der Patient den Film wie in einem Kino erlebt, hat er gleichzeitig Möglichkeiten, den Film zu steuern. Mit einer imaginären Fernbedienung kann er den ebenso imaginären Film jederzeit anhalten, zurückspulen, schneller laufen lassen – und sogar im Winkel verändern, so dass er eine andere Ansicht gewinnt.

In den inneren Film eingreifen

Das ermöglicht ihm den Perspektivwechsel: Die Szene kann nicht nur analysiert, sondern auch beeinflusst werden. Mit der Einnahme einer beobachtenden Position abstrahiert das Opfer das Geschehen und entkoppelt es von der empfundenen Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit. Ich kann jederzeit unterstützend einwirken, während der Patient erzählt. Es ist sogar möglich, dass der Plot geändert wird. Der Patient wehrt sich dann zum Beispiel oder ermahnt sein Gegenüber, stoppt einen Aggressor oder stellt ihn zur Rede. Er kann sich dann auch endlich empören, Wut und Trauer empfinden und so die lähmende Angst überwinden.

Die Bildschirmtechnik ist eine intensiv begleitete und daher sanfte Form der Traumatherapie. Sie tastet sich behutsam an das alptraumhaft wiederkehrende Erlebnis heran – und greift dabei nur wenig in die Psyche ein. Die ohnehin präsenten Bilder werden genutzt und aktiv bearbeitet, um den Leidensdruck abzubauen. Die Frage „Was hilft bei einem Trauma?“ wird hier besonders nachvollziehbar beantwortet: Es hilft, wiederkehrende Erinnerungen und quälende Gedanken einzuhegen, über Urteilskraft zu beeinflussen und schrittweise unschädlich zu machen.